Bereits in den letzten vier Folgen von „Was ist eigentlich…?“ haben wir Techniken und Hinweise angesprochen, die man beachten sollte, um seinen Fotos mehr Reiz und Qualität zu entlocken. Auch dieses Mal geht es um ein längst vergessenes und stark unterschätztes Thema: Der „Motivüberlagerung“.

Was ist eine Motivüberlagerung?

Eine Motivüberlagerung in der Fotografie ist leicht erklärt. Eine Motivüberlagerung tritt auf, wenn mehrere Objekte bzw. Motive auf einem Foto hinter- oder übereinander liegen. Das ist in den meisten Fällen einer Fotografie der Fall, doch oft suggeriert ein solcher Aufbau dem Betrachter Unruhe und Verborgenheit – wenn auch (gerade) unterbewusst.

Wie entsteht eine Motivüberlagerung?

Wenn wir mit unseren beiden Augen sehen, sind wir in der Lage, Räume dreidimensional in unserem Gehirn zu konstruieren und Entfernungen abzuschätzen. Auf Fotos ist das nicht der Fall. Das Dreidimensionale, das wir mit unseren Augen wahrnehmen, wird auf einem Foto auf eine zweidimensionale Ebene „gepresst“. Dadurch geht jegliches Gefühl der Raumwahrnehmung verloren (eine Technik, wie man seinem Bild mehr Tiefe verleiht, haben wir in der vierten Folge unsere Serie bereits behandelt). Die verlorene Tiefenwahrnehmung hat zur Folge, dass überlagerte Motive und Elemente in einem Bild störend wirken können.

Beispiele für Motivüberlagerungen – und wie es besser geht!

Beispiel 1: Louvre in Paris

Louvre - Perspektive 1Der Turm im Hintergrund (im Gebäude) wird nahezu vollständig von der Spitze der Glaspyramide verdeckt! Schönes Foto, aber es geht besser!

Louvre - Perspektive 2In dieser Perspektive befindet sich der Großteil des Turms neben der Pyramide. Zweifelsfrei besser!

Louvre - Perspektive 3Hier wurde die Perspektive noch einmal leicht angepasst. Der Turm steht frei und wird nicht von einem anderen Motiv verdeckt. Dieses Bild wirkt gleich viel schöner als das erste!

Beispiel 2: Hafen

Hafen - Variante 1Hier sieht man sehr schön, dass die großen Glasgedäude im Hintergrund mit den Masten und Seilen des Schiffes verschmelzen und störend wirken.

Hafen - Variante 2Das gleiche Schiff hingegen wurde hier aus einer anderen Perspektive fotografiert. Die Häuser wurden eleiminiert, so dass das Motiv voll zur Geltung kommt.

 

Beispiel 3: Wintersport

Auch wenn Personen auf dem Foto sind, können sich leicht Motive überlagern. Hier z.B. wächst dem Mädchen eine Laterne aus dem Kopf.

Wintersport - Variante 2Schon besser! Die beiden farbintensiven Motive sind voneinader getrennt. Das Bild wirkt geordneter.

Wie vermeide ich störende Motivüberlagerung?

Oft muss man die Kamera und/oder seinen Kopf nur wenige Zentimeter in eine beliebige Richtung bewegen. In anderen Situationen empfiehlt sich auch, die Perspektive zu wechseln, in dem man einige Meter nach recht oder links geht, oder in dem man sich duckt. Beispiel 2 zeigt sehr schön, dass solch eine Motivüberlagerung dem Fotografen im Moment des Fotografierens nicht immer bewusst ist. Erst später, beim Betrachten der Bilder, ärgert man sich. Daher gilt: Immer die Situation und das Motiv genau betrachten und sich den Bildaufbau vor Augen führen. Denn es gibt keine schlechten Kameras, sondern nur schlechte Fotografen, die diese bedienen.

Weitere Beiträge aus der „Was ist eigentlich…“-Serie:

Teil 1: Was ist eigentlich die „Blaue Stunde“?

Teil 2: Was ist eigentlich der „Goldene Schnitt“?

Teil 3: Was ist eigentlich die „Drittel-Regel“?

Teil 4: Was ist eigentlich eine „Diagonale“?

Teil 5: Was ist eigentlich „Motivüberlagerung“?

Teil 6: Was ist eigentlich die „perfekte Schärfenebene“?