[box type=“shadow“]Es folgt ein Interview mit David Kaplan, geführt von Marc Wegner. David hat sich vor allem der Landschaftfotografie verschrieben und hat im Laufe der Zeit einen ganz besonderen und eigenen Stil entwickelt. Ihr findet weitere Fotos von David auf seiner Website und seinem Flickr-Photostream.[/box]






„Möchtest du dich vorstellen?“

„Mein Name ist David Kaplan, ich wohne in Zürich und arbeite dort als Softwareentwickler. Ich bin verheiratet aber noch kein Vater. Das Künstlerische wurde mir quasi schon in die Wiege gelegt. Schon im einstelligen Alter hatte ich meine erste Spiegelreflex. Ich beschäftigte mich da viele Jahre mit dem Thema Fotografie. Mit 13 fing ich dann auch noch an, klassische Musik zu komponieren. Später wechselte ich auf Metal und spielte in einer christlichen Band E-Gitarre. Da aus meiner Hobby-Musik-Karriere nichts wurde, bin ich dann nach Jahren der Abstinenz wieder zum Fotografieren zurückgekehrt.“

„Softwareentwickler, Metal , christliche Band und Fotograf. Sehr interessante Mischung. Wie hast du zur Fotografie gefunden und was bedeutet sie für dich ?“

„Als Kind habe das Fotografieren meinem Vater abgeschaut und mich dann hauptsächlich für Makros interessiert. Aber das Schlüsselereignis für den Wiedereinstieg in die kreative Fotografie war eine Reise nach Paris. Ich wollte mit meiner Kompaktknipse im Notre Dame ein Foto machen. Aber es hat einfach nicht geklappt. Weder mit Blitz, noch mit Bildstabilisator und auch nicht mit irgendwo aufstützen. Das Ergebnis war immer verwackelt und total verrauscht. Da wusste ich, dass ich eine „lichtstärkere“ Kamera brauchte. Nach langer Recherche im Internet war dann klar, dass es eine digitale Spiegelreflex sein muss. Und mit der Spiegelreflex ist dann auch die kindliche Leidenschaft fürs Fotografieren zurückgekehrt. Heute ist die Fotografie für mich einerseits ein kreatives Ausdrucksmittel und andererseits eine Möglichkeit, den Menschen die Schönheit unserer Natur wieder vor Augen zu führen.“



„Hast du dich vor allem der Landschaftsfotografie verschrieben ?“

„Kann man so sagen, ja. Aber ich wäre ein einseitiger Fotograf, wenn ich nur Landschaften fotografieren würde. Ich fotografiere auch regelmässig Architektur und Menschen. Oft auch ein Mischmasch aus verschiedenen Genres. Aber wichtig bei allen meinen Fotos ist mir, dass sie etwas besonderes werden. Das bedeutet auch, dass man sich im vornherein schon sehr viel überlegen muss, bevor man ans Fotografieren denken kann. Einfach mal raus gehen und abdrücken, das mache ich grundsätzlich nicht.“

“Also planst du deine Fotoausflüge ausführlich und investierst sehr viel Zeit in deine Aufnahmen ? Hast du ein gewisses Schema wie du bei der Planung deiner Fotos vorgehst ?“



„Ja, das ist richtig. Meistens fängt alles mit Google Earth an, wo ich die Schweiz penibel genau absuche, nach besonderen und trotzdem möglichst einfach zugänglichen Orten. Habe ich etwas gefunden, schaue ich mit Hilfe der Sonnenstandfunktion, wann die ideale Uhrzeit für ein Foto sein würde. Mit dem Programm Stellarium kann ich auch Mond- und Milchstrassenposition leicht herausfinden. Ist Ort und Tageszeit klar, muss ich noch auf das richtige Wetter warten. Leicht bewölkt ist fast immer gut; stark bewölkt höchstens für Fotos in der Zivilisation. Bei klarem Himmel kommen für mich nur Nachtaufnahmen in Frage. Die Hinreise kann zu jeder Tageszeit stattfinden und kann auch mal mehrere Stunden dauern. Ich versuche immer, genügend früh dort zu sein, damit ich mir schon im Vornherein die guten Aufnahmestandorte merken kann, die ich dann bei optimalem Licht schnell nacheinander abklappern muss. Manchmal mache ich Aufnahmen mit Sonnenuntergang und mitten in der Nacht am gleichen Tag. Das heisst auch, dass man mehrere Stunden dazwischen einfach nur warten muss, weil Naturfotos in der Dämmerung meist nicht so gut kommen. Zu Hause investiere ich auch noch einige Zeit mit der Bearbeitung. Aber im Vergleich mit dem restlichen Aufwand ist das nur noch sehr wenig Zeit. Für ein gutes Bild kann ich schon mal einen halben Tag unterwegs sein.“

„Das klingt ja sehr aufregend. Auf solchen Fototrips erlebt man sicherlich viel. Erzähl uns doch etwas von deinem spannensten Ausflug.“

„Im September war ich in der Nacht auf dem Sustenpass. Ich bin nahe der Passhöhe in ein kleines Tal gewandert, wo ich einen Wasserfall fotografieren wollte. Es war stockfinster und ich konnte nur mit der Taschenlampe überhaupt etwas nennenswertes sehen. Währenddem ich den Wasserfall aufgenommen habe, bin ich ganz nahe neben den Wasserfall hochgelaufen, um ihn von der Seite mit der Taschenlampe anzuleuchten. Auf dem Weg dorthin bin ich an einem abgenagten Steinbockbein vorbeigekommen. Mir war sofort klar, dass nur ein Wolf sowas zurücklassen konnte. Später, als ich zu einem anderen Fotopunkt lief, fand ich einige hundert Meter entfernt auch noch das zweite Bein. Normalerweise geniesse ich die Wartezeit während den Aufnahmen, aber dort oben war mir dann doch nicht mehr wohl. Es war stockfinster, aber ich konnte trotzdem nicht die Taschenlampe einschalten, da dies meine Aufnahmen ruinieren würde. Es war fast zum wahnsinnig werden. Die Tatsache, dass ich dieses Interview noch führen kann legt nahe, das ich dem Wolf dann doch nicht begegnet bin.“



„Wenn man deine Arbeiten betrachtet,besonders deine Landschaftsfotos, bemerkt man schnell, dass du einen ganz besonderen Stil entwickelt hast. Was ist aus deiner Sicht wichtig für ein gutes Foto ?“

„Der Weg zu einem guten Bild besteht im groben aus drei Schritten: Motivwahl, Bildkomposition und technische Umsetzung. Wobei Dinge wie Planung und aufs richtige Licht Warten zur Motivwahl gehören; Perspektive, die Wahl der Brennweite und das Zusammenfügen der verschiedenen Bildelemente zur Bildkomposition; und sämtliche Kameraeinstellungen, die Wahl des Equipments und die nachträgliche Bildbearbeitung zur technischen Umsetzung. Die Gewichtung der drei Schritte ist wohl in jedem Genre wieder anders. In der Landschaftsfotografie sind sie alle drei ähnlich gewichtet und stark voneinander abhängig. Ich stelle mir immer vor, dass man für ein 100%-Bild in allen drei Schritten 100% erreichen muss. Wenn man in zwei Schritten zwar 100% erreicht hat, in einem aber nur 50%, dann kommt am Schluss auch nur ein 50%-Bild raus. Die drei Komponenten sind quasi multiplikativ miteinander verbunden. Als Fotograf muss man sich in allen drei Bereichen weiterentwickeln. Bei vielen männlichen Kollegen beobachte ich einen Hang zum technischen und bei den weiblichen einen Hang zum gestalterischen. Fakt ist: keines ist besser oder wichtiger als das andere. Beides ist gleich wichtig und man sollte sich insbesondere dort weiterentwickeln, wo man noch schwach ist.“

„David ,ich möchte dir recht herzlich für dieses wirklich interessante Interview danken. Es hat viel Spaß mit dir gemacht. Außerdem wirst du bald auch einen Beitrag für „PIXXEL“ verfassen, ist das richtig ? Lässt du uns erahnen was es für ein Beitrag wird ?“

„Ja, das ist richtig. Der Gastartikel wird ein praxisnaher Bericht eines interessanten Fotoausflugs sein, den ich dieses Jahr gemacht habe.“

„Möchtest du noch etwas sagen ? Ich überlasse dir das Schlußwort.“

„Da fällt mir nur noch das Zitat von Ansel Adams ein, meinem fotografischen Vorbild, das heisst: ‚Twelve significant photographs in any one year is a good crop.‘ Das bedeutet für mich auch, dass man sich selber nicht überschätzt und das Gefühl hat, dass man wirklich gute Bilder am Laufband produzieren kann.“


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