In dieser Woche drehen sich alle Themen und Beiträge auf diesem Blog rund um das Thema Makrofotografie. Wir zeigen wertvolle Tipps und Tricks, wir sprechen über Technik und Ausrüstung, haben Makrofotografen im Interview und vieles mehr.

Heute haben wir den Fotograf Markus Reugels (33) im Interview, der sich hauptsächlich mit Tropfenfotografie beschäftigt – mit außergewöhnlich beeindruckenden Ergebnissen.

"Action Inside" (Foto: Markus Reugels)

Hi Markus! Toll, dass du Zeit für ein Interview hast. Stell dich doch bitte den Lesern einmal kurz vor.

Mein Name ist Markus Reugels, ich wohne in Marktsteinach; das ist ein kleines Dorf in der Nähe von Schweinfurt. Ich bin 33 Jahre alt, Vater von zwei Kindern und hauptberuflich arbeite ich als Parkettleger.

Eine der wohl wichtigsten und dennoch einfachsten Fragen: Warum fotografierst du?

Es macht mir einfach Spaß, mit meiner Kamera kleine unscheinbare Dinge zu fotografieren. Ein für mich wichtiger Aspekt in der Fotografie ist auch das Benutzten der alten Objektive mit Adapter. Das ist für mich ein Ausgleich, zu der doch sehr technischen Tropfenfotografie. Mit den alten Gläsern muss man noch alles manuell einstellen und die Abbildungsleistung ist auch nicht zu verachten.

Setup (Foto: Markus Reugels)Wie bist Du zum Fotografieren gekommen? Wo und wann trat die erste Kamera in dein Leben?

Zur Fotografie bin ich vor 3 Jahren durch die Geburt meines Sohnes gekommen. Damals wollte ich einfach eine gute Kamera besitzen, mit der ich schöne Bilder von meiner Familie aufnehmen kann. Da war der Schritt zu einer digitalen Spiegelreflexkamera die erste Wahl, aber mit der Zeit hat es sich immer mehr zu einem Hobby gewandelt.

Betriebst du die Fotografie beruflich oder „nur“ als Hobby?

Die Fotografie ist ein reines Hobby von mir. Zwar verdiene ich den einen oder anderen Groschen über Zeitungsartikel und den Verkauf von einigen Prints. Doch damit kann ich nicht mal meine Ausrüstung refinanzieren.

Deine Fotos sind sehr speziell. Wie hast du zur „Tropfenfotografie“ gefunden?

Auf das Thema der Tropfenfotografie bin ich eher zufällig beim Stöbern in einem großen Forum gestoßen. Diese Bilder haben mich so fasziniert, dass ich es auch einmal selbst versuchen musste. Das ist jetzt fast 2 Jahre her und bis jetzt habe ich immer noch nicht das Feuer für die Tropfen verloren. Damals habe ich mit ganz simplen Setup angefangen und mit den ersten Erfolgen ging die Evolution des Setups immer weiter und neue Dinge sind dazu gekommen. Bis heute bin ich immer noch am Verfeinern und Erweitern, ich denke da wird es nie ein Endgültiges Setup geben.

Lamp Shade (Foto: Markus Reugels)Warum ausgerechnet Tropfen?

Ganz einfach: Man nie weiß was auf den Chip kommt. Jedes mal bekommt man andere Ergebnisse, trotz identischen Einstellungen. Es ist immer wieder erstaunlich wie schön die Formen von simplen Tropfen sein können. Bei den Aufnahmen ist die Planung des Lichts und der Komposition das einzige, was man wirklich zu 100% beeinflussen kann. Alles andere ist sehr dem Zufall überlassen. Das macht für mich den besonderen Reiz der Tropfenfotografie aus. Jeder Tropfen ein Unikat 😉

Jeder kennt die „typischen“ Fotos von Tropfen und auch ich selbst habe mich daran versucht. Aber deine Fotos zeigen dieses Thema in einem ganz neuen Licht. Brauch man dafür ein spezielles Equipment?

Mittlerweile arbeite ich mit Magnetventilen und eine Steuerung, die mir erlaubt, alles auf die Mikrosekunde einzustellen. Angefangen habe ich mit einem Becher, durch den ich einen Zahnstocher gestochen hatte. Dann kam ein Infusionsset; damit konnte man schon wesentlich besser die Tropfen fotografieren. Aber nach einer gewissen Zeit will man mehr Einfluss auf das Geschehen haben und man will vor allem die Ausbeute guter Fotos erhöhen. Zu guten manuellen Zeiten waren von 10 Bildern 1-3 wirklich gelungen. Mit der aktuellen Technik liegt die Ausbeute hingegen bei nahezu 100%.

Was mich aber immer etwas stört ist die Tatsache das dieses Thema der Fotografie sehr auf die Technik beschränkt wird. Die Technik alleine macht die Bilder nicht besser, es ist für mich nur ein Schlüssel, um die Bilder die ich mir vorstelle, auch in die Tat umzusetzen.

Als Blitze benutzte ich ausschließlich alte Vivitar 285er. Diese sind sehr robust, günstig zu bekommen und durch eine kleine Modifikation bestens geeignet, für die Highspeed-Fotografie. Meine Kamera ist eine Normale Sony Alpha 700, die ich mit einem Minolta 100er Makro für die Tropfen bestücke. Normalerweise lasse ich die Blitze über einen Funkauslöser zünden, aber bei Mehrfachbelichtungen steure ich auch die Blitze an. Es kommt immer drauf an, was genau ich fotografieren möchte.

Sailing away (Foto: Markus Reugels)

Erzähl uns doch ein bisschen darüber, wie Du arbeitest. Egal ob die Planung, das Fotografieren, oder die Nachbearbeitung – was sind deine Schritte?

Bei jeder Serie habe ich eine gewisse Form im Sinn, die ich kreieren will. Zwar kann man in der Tropfenfotografie viel planen, jedoch muss man nehmen, was man bekommt. Ich nehme mir bspw. vor, eine Art Blase am Fuß einer Säule zu fotografieren. Dazu zwei „Schirme“, wobei der unterste sich gerade auflöst und als Ring abgebildet werden soll, der obere soll einen Hut formen. Daran setzte ich mich dann hin und schau, was mir das Wasser zu bieten hat. Ab und zu klappt es und ich kann die Werte so beeinflussen, dass das Motiv in meinem Kopf dem fotografierten Bild sehr nahe kommt, aber das ist sehr selten. Meistens verwerfe ich die Idee und steuere auf andere Formen hin.

Einer der wichtigsten Faktoren ist das Licht und das Farbenspiel. Die schönste Form wirkt nicht, wenn sie in einem schlechten Licht präsentiert wird. Daher werden erst einige Probeaufnahmen zur richtigen Lichtsetzung und Farbenwahl gemacht, bis ich den ersten Tropfen fallen lasse. Das Problem ist nur, dass hier einige Faktoren aufeinander treffen. Wenn ich zum Beispiel das Wasser zusätzlich einfärbe, muss ich auch diese Farbe (und damit mehrere Farben) beachten.  Das Bild soll ja insgesamt stimmig sein und die Farben sollen harmonieren.

Purple RainDie Nachbearbeitung ist im Grunde absolut „basic“. Der erste Schritt ist immer die Entwicklung der RAW-Dateien. Dann selektiere ich mir einige Bilder aus der Serie, die mir gefallen und bearbeite diese in Photoshop. Als erstes werden die Tonwerte korrigiert. Kleine störende Spritzer entferne ich mit dem Klone-Werkzeug und danach ziehe ich die Kontraste etwas an, um das Bild „knackiger“ zu machen. Als letzten Schliff erstelle ich noch 3 Hochpass-Ebenen (eine mit sehr kleinen Radius zum Schärfen (volle Deckkraft), eine zweite mit einem Radius von ca. 5 (Deckkraft ca. 30%) um die mittleren Details noch etwas im Kontrast zu verstärken und einen letzten Hochpassfilter, mit einem Radius von 30 (Deckkraft ca. 10%), um den allgemeinen Kontrast nochmals zu verstärken).

Das ist die ganze Bearbeitung, die ich in meine Bilder lege. Es wird keine farbliche Veränderung oder ähnliches vorgenommen. Ich verstärke lediglich das, was sowieso schon im Bild vorhanden ist mit der EBV. Das zählt für mich eher als „digitale Dunkelkammer“.

Welche Probleme können bei diesem Ablauf entstehen? Gibt es besondere Schwierigkeiten in der „Tropfenfotografie“?

Die Schwierigkeit in der Tropfenfotografie besteht wohl darin, die verschiedenen Parameter zu verstehen, die Einfluss auf das Ergebnis haben können. Die Einstellung der Kamera und der Blitze ist da noch das „kleinste Übel“. Wenn man erst einmal seine Konfiguration gefunden hat, muss man daran wenig abändern. Ich bin der Meinung, dass man mit dieser Art der Fotografie sowieso manuell starten sollte; somit lernt und versteht man am besten die Zusammenhänge der Tropfengeschwindigkeit. Das ist der wichtigste Faktor in der Tropfenfotografie. Ohne eine passende Tropfenfolge landet der zweite Tropfen entweder zu spät oder zu früh auf der Wassersäule.

Tribute to FotoOpaKannst du uns und den Lesern ein paar Geheimnisse verraten? Welche speziellen Flüssigkeiten verwendest du neben Wasser, um bestimmten Formen aus dem „Nichts“ zu erschaffen?

Wirkliche Geheimnisse habe ich mittlerweile eigentlich gar keine mehr. Es gibt nichts, was ich nicht schon irgendwo geschrieben habe. Was ganz wichtig ist, ist der perfekt ausgerichtete Austritt der Tropfen. Er sollte gerade und nicht schräg abgeschnitten sein. Sonst bekommen die Tropfen einen drall und landen nicht immer auf derselben Stelle.
Als Flüssigkeit für die Tropfenfotografie empfehle ich jedem Anfänger die Verwendung von Milch. Sie hat eine höhere Viskosität als Wasser und somit bewegt sie sich nicht ganz so schnell. Zudem absorbiert sie das Licht genial. Wenn man sich intensiver mit dem Thema beschäftigt, wird man diese Eigenschaften einer Flüssigkeit lieben. Damit kann man einen Tropfen nur über das Licht färben und ganz schnell die Farben verändern, ohne das Wasser im Tropfenbehälter zu wechseln (um es bspw. neu zu färben).

Mein Tropfenwasser mische ich mit Guarkernmehl an. Damit verdicke ich das Wasser, um eine ähnliche Viskosität wie Milch zu erzielen. Somit werden die Formen ruhiger und die Spritzer minimieren sich extrem. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Schirme wesentlich länger/größer werden können, ohne dass sie abreißen. Es wirkt fast wie eine Art Kleber.

Kannst du uns einige Hintergrundinformationen über die Highspeed-Fotografie geben?

Ich werde oft gefragt, wie das Bild bei der Belichtungszeit von 1/160 Sekunde oder bei einer Sekunde so scharf sein kann. Die Antwort darauf ist einfach … In der Highspeed-Fotografie wird das Bild nicht über die Belichtungszeit der Kamera, sondern über die Abbrenndauer der Blitze eingefroren. Diese sind wesentlich schneller als der Verschluss einer Kamera jemals sein könnte. Bei einer Leistung von 1/32 ist die Abbrenndauer der Blitze (je nach Modell) um die 1/25000 und je weniger Leistung man am Blitz einstellt, desto schneller brennen die Blitze ab. Das ist auch ein Grund warum die Bilder mit voller Leistung am Blitz nie scharf werden können. Hier ist einfach die Abbrenndauer viel zu hoch.

Tribute to CorrieAls Blende wähle ich jetzt standardmäßig f/16. Das ist der beste Kompromiss zwischen Schärfentiefe und Beugungsunschärfe. Man braucht zwar jede Menge Licht, um mit so einer kleinen Blende zu arbeiten, jedoch kann man hier mit einem geeigneten ISO-Wert gegensteuern. Lieber wähle ich einen höheren ISO-Wert und belichte das Bild korrekt, als das ich den ISO-Wert niedrig lasse und ich dafür in der RAW-Entwicklung die Belichtung hochziehen muss, denn dadurch zieht auch das Rauschen mit an.

Danke für diesen wunderbaren Einblick in Welt der Tropfen – Markus. Letzte Frage: Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Gezielte Pläne in der Fotografie habe ich eigentlich keine; ich mache das, was mir im Moment am meisten Spaß macht. Das ist für mich der wichtigste Faktor bei diesem Hobby. Wahrscheinlich ist es auch ein Grund, warum ich mit den Tropfen so weit gegangen bin. Es bringt mir einfach viel Freude immer wieder neue Sachen zu auszuprobieren und diese auch technisch gut umzusetzen. Im Hinterkopf habe ich zwar den Gedanken, auch mit Portrait und Hochzeitfotografie anzufangen, nur bin ich mir da selber noch nicht so sicher. Mal schauen was die Zeit bringt…

Vielen Dank für das umfangreiche Interview!

Mehr zu Markus Reugels:

Homepage: http://www.markusreugels.de/
Flickr: http://www.flickr.com/photos/maianer/
500px: http://www.500px.com/MarkusReugels

Alle Beiträge aus der Makro-Themenwoche:

Montag: Ankündigung: Makro-Themenwoche

Dienstag: Sieben goldene Tipps zur Makrofotografie

Mittwoch: Tropfen in Höchstform – Markus Reugels im Interview

Donnerstag: Die perfekte Ausrüstung für die Makrofotografie