Regelmäßig geben wir „junge(n) Fotografen“ die Möglichkeit sich und ihre Arbeiten hier vorzustellen. Nun möchten wir auch den „alten Hasen“ eine Plattform bieten ihre Werke zu präsentieren. Gleichzeitig ist das ein Aufruf an alle Fotografen, egal ob Amateur oder schon Profi, sich bei uns zu melden! Jeder ist Willkommen! Den Anfang macht heute Peter Jean Geschwill  (www.Peter-Geschwill.de).

-Name: Peter Jean Geschwill
-Alter: 46
-Motivation: Die Macht über den Augenblick.
-Ziele: Besser werden.
-Art der Fotografie: Landschaft und Marodes

-Hallo Peter, magst Du Dich kurz vorstellen?
Mein Name ist Peter Jean Geschwill, 46 Jahre alt. Ich wohne in ländlichem Umfeld im Rhein-Neckar-Dreieck.

-Wie bist Du zum Fotografieren gekommen? Machst Du das beruflich oder “nur” als Hobby?
Ausschlaggebend war mein Hang zu maroden Orten und Industrieruinen. Aus der anfänglich rein dokumentarischen Absicht entdeckte ich die künstlerischen Möglichkeiten der Fotografie. Die Beschäftigung mit Perspektive und Bildaufbau faszinierten mich schnell.

Um die finanzielle Verwertbarkeit meiner Bilder mache ich mir (zu) wenig Gedanken. In letzter Zeit haben die Auftragsarbeiten aber zugenommen.
-Wie lange fotografierst du schon und was für eine Ausrüstung verwendest du ?
Angefangen zu fotografieren habe ich vor knapp zehn Jahren, mit steigender Intensität. Anfangs nur gelegentlich und ohne festen Rhythmus, heute quasi andauernd. Die meisten Bilder mache ich mit einer digitalen Spiegelreflexkamera, vorzugsweise mit Festbrennweiten. Sehr selten arbeite ich auch im analogen Mittelformat, wobei das „selten“ dem divenhaften Verhalten meiner russischen Kamera geschuldet ist.

-Was sind deine Lieblingsmotive ? Was fotografierst du am liebsten ?
An einer maroden Fabrikanlage kann ich nicht vorbeigehen, ohne den Auslöser zu belasten. Rost, Ruin und alle Stadien des Zerfalls faszinieren mich. Daneben fotografiere ich auch gerne Landschaft und Stadtlandschaft.

-Was macht deine Fotos aus ? Verfolgst du einen bestimmten Stil ?
Meine Fotos sollen einen zweiten Blick auf die Wirklichkeit zeigen, auf das Wesen hinter den alltäglichen Dingen. Alle Bilder sind in unmittelbarer Nähe meines Wohnorts entstanden, sie zeigen vom Motiv her nichts Exotisches. Ich versuche, durch den Blickwinkel und die Wahl der Aufnahmezeit das Ungewöhnliche daran herauszugreifen.

Vom Stil her bin ich eher gemäßigt und traditionell, weder jung noch wild.

-Wo fotografierst am häufigsten ? Und gibt es eine Tageszeit die du bevorzugst ?
Es gibt zumindest eine Tageszeit, zu der ich nie fotografiere: morgens. Gerne hingegen nutze ich das letzte Licht des Tages. Manche Bilder sind sprichwörtlich in letzter Sekunde vor Sonnenuntergang entstanden.

-Was für Ziele verfolgst du und was sind deine Pläne für die Zukunft ?
Da ich – bevor ich fotografische Ambitionen entwickelte – mein halbes Leben Musiker war, möchte ich in der nächsten Zeit einen Schwerpunkt auf Portraits von Musikern und Bands legen. Viele kleinere Bands sind fotografisch „unterrepräsentiert“.
Vielen Dank Peter! Wenn du möchtest stehen dir jetzt noch ein paar Zeilen zur freien Verfügung:

Wer gerne stillgelegte Fabrikanlagen und marode Einrichtungen fotografiert, bewegt sich auf dünnem Eis. Andere Menschen, denen man in diesen –oft von der Außenwelt abgeschnittenen – Einrichtungen begegnet, halten sich dort meist nicht aus fotografischem Interesse auf. Die Begegnungen sind vielfältiger Natur. Einmal betrat ich ein Zimmer eines vermeintlich leerstehenden Hauses und erschreckte einen friedlich im Bett schlafenden Obdachlosen. Die Überraschung war beiderseits. Ein anderes Mal fand ich die Überreste eines Lagers in einer Fabrikhalle, man hatte Feuer gemacht und sich offensichtlich von Konservendosen ernährt. Nachdenklich machte das eklatante Missverhältnis von Hundefutter- zu Raviolidosen. Entweder hatten hier sehr wenige Menschen sehr viele Hunde gehabt, oder …

Das unschönste Erlebnis hatte ich zusammen mit einem befreundeten Fotografen in den oberen Etagen einer stillgelegten Fabrikhalle. Offensichtlich fühlten sich einige ortsansässige Jugendlichedurch unsere Anwesenheit provoziert. Den einzigen Zugang zur Location fanden sie schneller, als uns lieb war. Die folgende – nonverbale – Kommunikation bestand im Klang der Eisenstangen, mit denen sie sich bewaffnet hatten, und mit denen sie fröhlich und erwartungsfroh auf das Treppengeländer schlugen, als sie uns verfolgten. Der einzige Weg, der uns blieb, führte über einen morschen Holzsteg in luftiger Höhe direkt unter dem Hallendach. Ohne die „Motivationshilfe“, die von hinten nahte, wäre kein vernünftiger Mensch darübergelaufen, manche Stellen waren bereits durchgebrochen. Wir liefen los. Wir erreichten die andere Seite, fanden in einem verschlossenen Treppenhaus ein schmales Fenster, durch das wir uns zwängen konnten, vermieden die herausstehenden Glasscherben und erreichten nach einem kleinen Sprung wieder festen Boden. In den folgenden Wochen habe ich viel im Studio fotografiert…

Gewöhnlicher nasser Sand bildet nach dem Trocknen dramatisch wirkende Risse. Die gesamte Szenerie ist nur wenige Meter groß und stammt aus einem Kiesbetrieb im Hafen.

Keine tropische Insel, sondern ein handelsüblicher deutscher Baggersee. Die Erde ist nach starkem Wasserrückgang aufgerissen.

Eines meiner Lieblingsbilder, entstanden auf einem längere Zeit nicht benutzten Parkplatz. Die beiden Pflanzen stehen in Wirklichkeit weit von einander entfernt. Nur durch die gewählte Perspektive (tief, schmutzige Knie) und Brennweite scheinen sie miteinander zu kommunizieren.

Ein Betonelement tanzt aus der Reihe, und dies mit scheinbar erstaunlicher Leichtigkeit.

„Hafenblues“: Blick vom Mannheimer Hafen auf das Großkraftwerk.

Autowracks warten im Mannheimer Hafen auf ihre Verschiffung. Hier wird zwar ständig Metallschrott gesammelt, aber in den letzten Jahren nie wieder so malerisch wie hier.

Blick von unten auf eine Betonbrücke. Was wie eine Fahrbahn wirkt, ist die Decke.

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